Steigt das Depressionsrisiko mit dem Alter?

Eine Studie des Robert Koch-Instituts aus 2019 zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland scheint auf den ersten Blick nahezulegen, dass im Alter das Depressionsrisiko sinkt – so erkranken laut dieser 8,1% aller Menschen im Alter von 18 bis 79 Jahren im Laufe eines Jahres an einer Depression, bei der ältesten Gruppe, der 70- bis 79-Jährigen, sind es nur 6,1%.

Die Frage ist aber, ob Depressionen im Alter diagnostiziert und behandelt werden, so schrieb Annegret Faber in einem Artikel für den MDR zu dieser Studie, dass alte Menschen signifikant weniger Therapieangebote bekommen: „Während im Schnitt ein Drittel aller Menschen unter 70 Jahren eine Therapie bekommen, sind es bei den über 70 jährigen nur noch 12 Prozent.“ Auch das steigende Suizidrisiko im Alter spricht gegen die Annahme, dass Ältere seltener an Depressionen erkranken. Was sind die Faktoren, die eine Erkrankung an Depressionen wahrscheinlicher machen und ist das Risiko in einem bestimmten Alter höher?

Depressionen im Alter nicht leicht zu erkennen

Depression im Alter, die auch oft als Altersdepression bezeichnet wird, auch wenn es sich in jedem Lebensalter um dieselbe Erkrankung handelt, ist oft schwer zu diagnostizieren: Depression bei alten Menschen wird oft mit Demenz verwechselt, was an den unspezifischen Symptomen liegt. Hinzu kommt, dass alte Menschen oft an mehreren Erkrankungen gleichzeitig leiden (Multimorbidität), was zur Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen Therapien und Medikamenteneinnahmen führt – in der Schweiz etwa erhalten Pflegeheimbewohner im Schnitt neun Medikamente pro Tag. Wie in jedem Alter ist Depression auch im höheren Alter ein weibliches Phänomen, d.h. es sind mehr Frauen als Männer betroffen.

Was erhöht das Risiko dafür, an einer Depression zu erkranken?

Eine genetische Disposition für Depression erhöht in jedem Alter das Risiko, an Depressionen zu erkranken. In der Betrachtung des individuellen Risikos sollten psychiatrische Vorerkrankungen von Eltern und nahen Verwandten daher besonders berücksichtigt werden. Aber das soziale Umfeld und Faktoren wie Stress, Überlastung sowie ein niedriger sozioökonomischer Status erhöhen das Depressionsrisiko erheblich. Auch Persönlichkeitsmerkmale wie Unsicherheit und Pessimismus sowie schnelle Überforderung tragen in jedem Lebensalter dazu bei, dass es zu einer Depression kommen kann.

 

Ist man in einem bestimmten Alter besonders anfällig für Depressionen?

In jeder Lebensphase kann man an Depressionen erkranken, wobei sie sich in unterschiedlichen Phasen und auch bei Männern und Frauen unterschiedlich äußern. Bei Männern treten die als klassisch verstandenen Symptome wie Niedergeschlagenheit und Schlafstörungen oft nicht so deutlich zutage, weil sie sie verleugnen und mit exzessiver Aktivität (Sport, Arbeit) überdecken. Bei Kindern und Jugendlichen können Depressionen durch Stress, Umbruchsphasen und traumatisierende Erlebnisse ausgelöst werden, wobei die alterstypischen Stimmungsschwankungen in Entwicklungsphasen von umfassenden Depressionen unterschieden werden müssen. Frauen sind in hormonellen Umstellungsphasen auch besonders von Depression betroffen – etwa zyklisch wiederkehrende PMS, postpartale Depressionen oder Depressionen in der Menopause. Im Alter spielt bei Männern wie bei Frauen die schon erwähnte Multimorbidität sowie die damit einhergehende Einnahme unterschiedlicher Medikamente eine Rolle, zudem nehmen im Alter oft die Schlafprobleme zu – schlechter bzw. unregelmäßiger Schlaf und Depressionen beeinflussen einander auch negativ.

Es gibt also kein bestimmtes Lebensalter bzw. keine bestimmte Lebensphase, in der Depressionen besonders gehäuft auftreten. In jedem Lebensalter können ähnliche Faktoren eine Depression auslösen, in der Diagnostik besteht die Herausforderung darin, die unterschiedlichen und vielfältigen Symptome richtig zu deuten.

 

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